Mit dieser Bestimmung soll vermieden werden, dass dem früheren Täter seine strafbare Handlung regelmäßig vorgehalten wird. Die mit dieser Bestimmung verbotene Tathandlung besteht im Vorwurf einer gerichtlich strafbaren Handlung, für die eine Strafe schon ausgesprochen und vollzogen worden ist. Rechtsprechung und Lehre sind sich nicht immer ganz einig, ob der Vorwurf, um strafrechtlich relevant zu sein, einen Tadel beinhalten muss. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat 2015 in seiner letzten Entscheidung zu dieser Frage ausgesprochen, „dass der Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung einen tadelnden Vorhalt voraussetzt, das bloße Erwähnen der Vorstrafe reiche hierfür hingegen nicht aus“.
Der mit dieser Bestimmung bezweckte Schutz der Ehre des früher Verurteilten kann mit dem Recht auf Meinungsäußerung bzw. der Pressefreiheit kollidieren. Es ist dann im Einzelfall eine Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Ehrenschutz des Opfers andererseits vorzunehmen. Nach der Judikatur des OGH sind bei dieser Interessensabwägung vor allem „die Gewichtigkeit des Themas, die Stellung, der Bekanntheitsgrad und das (Vor-) Verhalten des Betroffenen in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen.“
Da der ehemaliger Spitzenpolitiker, der wieder eine öffentliche Funktion anstrebt, als „public figure“ qualifiziert werden kann, kann eine bloße – nicht tadelnde – Erwähnung seiner früheren Verurteilungen im Kontext einer kritischen Auseinandersetzung mit seiner angestrebten neuen Tätigkeit rechtlich zulässig sein. Es ist aber darauf zu verweisen, dass gerade bei der Abwägung des Schutzes der Ehre des betroffenen versus Recht auf freie Meinungsäußerung die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind.
Dieser Gastkommentar erschien ursprünglich am 12.3.2024 im Horizont.