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Klaus Wölfers Gastkommentar „WASSERSTOFF UND POLITIK” im Austria Innovativ 2-23

Grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie oder pinker Wasserstoff aus Atomstrom zur Bewältigung der Klimakrise: die Positionen dazu sind in der EU sehr unterschiedlich, während in China, den USA, Indien, Russland, Japan oder Südkorea längst an modularen Atomreaktoren gearbeitet wird.

Wasserstoff kann zur Vermeidung von Kohlenstoffausstoß dienen, soweit er „grün“ oder „pink“ erzeugt wird. „Grüner“, aus erneuerbarer Energie erzeugter, Wasserstoff wird von allen EU-Staaten als förderwürdig anerkannt. Anders sieht es beim „pinken“, durch Atomstrom erzeugtem, Wasserstoff aus, den einige Staaten wie Österreich, Deutschland, die Niederlande, Luxemburg oder Spanien als gefährlich und negativ ablehnen. Für andere Staaten wie Frankreich, Finnland, die Tschechische Republik, Ungarn oder Bulgarien ist hingegen Nuklearenergie unverzichtbar und ökologisch wertvoll. Solche internen Kontroversen sind in China, den USA, Indien, Russland, Japan oder Südkorea unbekannt oder überwunden. Dort wird längst an kleinen, modularen Atomreaktoren gearbeitet, die auch der lokalen Verfügbarkeit von Wasserstoff dienen. Diese globalen Entwicklungen werden die kommenden Klimalösungen prägen.

Folgen des Kriegs

Der Krieg in Osteuropa und die Zerrüttung der Handelsströme rücken das speicherbare H2 ins Zentrum, vor allem in dem von Verknappungen und Verteuerungen hart getroffenen Europa. Zur Suche nach Alternativen zu russischem Gas kam hektisches Streben nach neuen Bezugsquellen für Wasserstoff. Politische Vorbehalte wurden über Bord geworfen und selbst weit entfernte Produktionsmöglichkeiten für grünen Wasserstoff wie etwa in Südafrika, Amerika und Staaten wie Namibia, Marokko, VAE, Saudi-Arabien, Kanada oder Chile werden verfolgt. Gleichzeitig haben die USA mit dem Inflation Reduction Act (IRA, 2022) ihr Förderregime geschickt vereinfacht, sodass die halbe Welt bereits Investitionskapital in die USA umdirigiert, zumal auch „pinker“ Wasserstoff steuerbegünstigt ist. Dies stimuliert neue Anwendungen und setzt die EU unter Handlungsdruck. Bei Verschiffung von Wasserstoff, u. a. als Ammoniak, gibt es beträchtliche „Reibungsverluste“ etwa durch Transportkosten- und -zeit, der Meeresverschmutzung und dem Schwund. Es läge nahe, die Industrie zu den Produktionsstätten des grünen Wasserstoffes in die Wüsten Namibias, Chiles oder der VAE zu verlegen oder durch Abtausch lange Transporte zu vermeiden.

Viele offene Fragen

Hypes und ideologische Haltungen erschweren jede Prognose für H2: Wird z. B. Frankreich mit neuen Atomkraftwerken Hauptproduzent von billigem Wasserstoff werden, der dann u. a. H2-Flugzeuge antreibt? Wenn es gelingt, erschwingliches CO2-freies H2 bereitzustellen, werden dann die Hochöfen Europas dieses tatsächlich einsetzen, auch wenn es nicht dieselbe Produktqualität ermöglicht als mit Erdgas erzeugtes? Wird der Wirtschaftskrieg des Westens mit Russland andauern? Werden seine Auswirkungen eindämmbar sein oder wird eine Eskalation von Krieg und Sanktionen die Abwendung von fossiler Energie und den Vormarsch von Wasserstoff bremsen? Wie wird man auf den ersten großen H2-Explosionsunfall reagieren? Werden manche wie beim Tsunami, der das Kraftwerk von Fukushima beschädigte und den „Atomausstieg“ Deutschlands besiegelte, plötzlich vom Wasserstoff „aussteigen“ wollen? Es lohnt sich jedenfalls, die Rolle und rechtliche Regulierung von Wasserstoff zu verfolgen, nicht zuletzt die unterbelichtete Landschaft der französischen Wasserstoffindustrie.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Zeitschrift Austria Innovativ 2-23.

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