Mit der sog. EU-Beschleunigungs-VO sollen einerseits die Ausfälle der Energielieferungen aus der Russischen Föderation dauerhaft kompensiert werden, gleichzeitig aber auch der dringend notwenige Anschub des für die Energiewende erforderlichen Ausbaus von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien erreicht werden, sodass diese in der gesamten EU schneller zum Einsatz kommen.
Dieses ambitionierte Ziel soll im Wesentlichen durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für bestimmte Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien
Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren des Repowering von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen sowie zur
Ex lege-Annahme, dass bestimmte Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen.
WELCHE ANLAGEN SIND BEGÜNSTIG?
Der Schwerpunkt liegt auf Technologien für erneuerbare Energien oder auf bestimmten Arten von Projekten für erneuerbare Energien, mit denen eine kurzfristige Beschleunigung des Ausbaus der Nutzung erneuerbarer Energien in der Union erreicht werden kann (Art.1).
Begünstigt sind:
Solarenergieanlagen und Energiespeicheranlagen am selben Standort, einschließlich gebäudeintegrierter Solaranlagen und Solarenergieanlagen auf Dächern, auf bestehenden oder künftigen künstlichen Strukturen, mit Ausnahme künstlicher Wasserflächen, wenn das Hauptziel dieser Strukturen nicht in der Erzeugung von Solarenergie besteht
Solarenergieanlagen, einschließlich von Anlagen für Eigenversorger im Bereich der erneuerbaren Energien, mit einer Kapazität von höchstens 50 kW (Kleinanlagen)
Wärmepumpen
Repowering-Projekte.
Die Einschränkung auf die genannten Technologien und Projekttypen wird damit begründet, dass diese rasch umgesetzt werden könnten, ohne dass die nationalen Verfahren und Rechtssysteme aufwendig geändert werden müssten. Den Ausbau der Wasserstofftechnologie hat die EU-Beschleunigungs-VO damit (leider) nicht erfasst.
WELCHE INSTRUMENTE ZUR VERFAHRENSBESCHLEUNIGUNG SIND VORGESEHEN?
Kurze Entscheidungsfristen:
Die EU-Beschleunigungs-VO sieht verpflichtend vor, dass die Genehmigungsverfahren für die begünstigten Anlagen innerhalb einer bestimmten Frist abgeschlossen werden müssen:
Genehmigungsverfahren für Solaranlagen dürfen nicht länger dauern als
drei Monate (Art 4 Abs 1). Für Solarenergieanlagen mit einer Kapazität von höchstens 50 kW ist sogar eine Genehmigungsfiktion vorgesehen, wonach die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die zuständigen Behörden nicht innerhalb eines Monats nach der Antragstellung (negativ) entscheiden. Voraussetzung
für die Genehmigungsfiktion bei kleinen Anlagen ist jedoch, dass die Kapazität der Solarenergieanlage die bestehende Kapazität des Anschlusses an das Verteilernetz nicht übersteigt.
Das Verfahren zur Genehmigungserteilung für Repowering-Projekte – einschließlich etwaiger Umweltverträglichkeitsprüfungen – darf nicht länger als sechs Monate dauern. Das gilt auch für den Ausbau von Anlagen, die für den Netzanschluss erforderlich sind, wenn das Repowering zu einer Kapazitätserhöhung führt (Art 5). Wenn das Repowering nicht zu einer Erhöhung der Kapazität um mehr als 15 % führt, muss der Netzanschluss an das Übertragungs- oder Verteilernetz innerhalb von drei Monaten (nach der Antragstellung) genehmigt werden.
Das Verfahren zur Genehmigungserteilung für die Installation von Wärmepumpen mit einer elektrischen Leistung von unter 50 MW darf nicht länger als einen Monat dauern. Das Verfahren zur Genehmigungserteilung bei Erdwärmepumpen darf nicht länger als drei Monate dauern.
Ausnahmen bei Umweltverträglichkeitsprüfungen:
Solarenergieanlagen sind von der gegebenenfalls anwendbaren Anforderung ausgenommen, zu bestimmen, ob für das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich, oder eine gesonderte Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
Umweltverträglichkeitsprüfungen beim Repowering dürfen nicht länger dauern als sechs Monate. Zu prüfen sind zudem nur die potenziell erheblichen Auswirkungen der Änderung oder Erweiterung im Vergleich zum ursprünglichen Projekt.
Die Mitgliedstaaten können für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sowie für Projekte im Bereich Energiespeicherung und Stromnetze, die für die Integration erneuerbarer Energie in das Elektrizitätssystem erforderlich sind, unter bestimmten Voraussetzungen weitere Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung vorsehen.
Annahme des überwiegenden öffentlichen Interesses
In Fällen, wo die Genehmigungsbestimmungen (insbesondere Ausnahmebestimmungen) eine Interessenabwägung vorsehen, wird bei der Abwägung rechtlicher Interessen im Einzelfall angenommen, dass die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen sowie ihr Netzanschluss, das betreffende Netz selbst und die Speicheranlagen im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen. Dies hat insbesondere Bedeutung für Ausnahmebewilligungen nach der Habitat Richtlinie (FFH-RL) und der Vogelschutzrichtlinie. Die Mitgliedstaaten können die Anwendung dieser Bestimmungen beschränken, und zwar auf bestimmte Teile des Hoheitsgebiets sowie auf bestimmte Arten von Technologien oder Projekte mit bestimmten technischen Eigenschaften.
GELTUNGSDAUER
Die EU-Beschleunigungs-VO ist sofort mit ihrer Veröffentlichung am 29.12.2022 in Kraft getreten und gilt für einen Zeitraum von 18 Monaten, also bis Ende Juni 2024. Für Unternehmen, die entsprechende begünstige Projekte planen, sind die kommenden 18 Monate somit der optimale Zeitpunkt, diese in die Genehmigungsverfahren zu schicken. Insbesondere die gesetzliche Fiktion des überwiegenden öffentlichen Interesses ist eine einmalige Chance. Abzuwarten bleiben die noch ebenfalls anstehenden Erleichterungen im österreichischen UVP-Gesetz, die von der Regierung Anfang Jänner 2023 angekündigt wurden.
Das Team von LGP steht Ihnen bei der Umsetzung Ihres Energiewendevorhabens jederzeit tatkräftig zur Seite.